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Freitag 3. November 2000, 15:28 Uhr |
Voteauction.com bleibt trotz Verbots onlineBerlin (Reuters) - Die Internetseite voteauction.com, die Stimmen für die US-Präsidentenwahl zum Kauf anbietet, ist trotz eines richterlichen Verbots auf Umwegen weiter erreichbar. Wie die Betreiber mitteilten, könne die Site unter "voteauction.enemy.org" aufgerufen werden. In den nächsten Tagen sollen auch die Domains "voteauction.de", "voteauction.at", "voteauction.cu" und "voteauction.ru" hinzu kommen. Voteauction.com war vor zwei Wochen per einstweiliger Verfügung abgeschaltet worden, die der Wahlleiter in Chicago erwirkt hatte. Die Betreiber sehen in "voteauction.com" nach eigenen Angaben ein Kunstprojekt.
Die Site wird jetzt von der Wiener Marketing-Agentur Übermorgen.com betrieben. Es gehe selbstverständlich nicht darum, tatsächlich Stimmen zu kaufen oder zu verkaufen, sagte sagte Miteigentümerin Liz Vlx der Nachrichtenagentur Reuters. Die Rückmeldungen der Nutzer zeigten, dass diese die Site richtig verstünden, auch wenn der Kunstcharakter nicht ausdrücklich erklärt werde. "Satire, bei der 'Satire' drüber steht", funktioniere nicht.
Auf voteauction.com können sich Nutzer unter dem US-Bundesstaat, in dem sie wahlberechtigt sind, registrieren und angeben, sie bäten um "Spenden". Diese Angebote werden in einer Liste zusammengefasst, aus der hervorgeht, wie viele Nutzer in welchem Staat registriert sind. Potenzielle "Spender" können dann ein Gebot für alle Stimmen eines Staates abgeben. Dabei ergeben sich zum Teil deutliche Preisunterschiede. Am Freitag war eine Stimme in Montana für gute drei Dollar zu haben, in Arkansas kostete eine Stimme schon über 52 Dollar.
Ursprünglich sei voteauction.com eine Abschlussarbeit im Fach Kunst am Rensselaer Polytechnic Institute (RPI) in Troy im US-Bundesstaat New York gewesen, sagte Vlx weiter. Vor zwei Wochen habe Übermorgen.com die Site übernommen und grafisch und technisch überarbeitet. Die Site werde definitiv bis zum Wahltag online bleiben, hieß es in einer Pressemitteilung der Agentur. Um das zu verhindern müsse man entweder das ganze Internet abschalten oder die gesamte Bevölkerung der USA verhaften. Von den Klagen vor amerikanischen Gerichten sieht sich Übermorgen.com gegenwärtig nicht betroffen. Bisher sei der Wiener Agentur keine Klage rechtsgültig zugestellt worden.
Für den Wahlleiter in Chicago macht es keinen Unterschied, ob es sich um Satire handelt oder den Versuch, die Präsidentenwahl zu manipulieren. Die bloße Existenz der Web site sei illegal, hatte ein Sprecher vor zwei Wochen nach der richterlichen Verfügung erklärt.
Probleme mit der Justiz sind in der Netzkunst-Szene nichts Neues. So wollte der Internet-Spielzeughändler eToys der Künstlergruppe etoy die Internet-Adresse www.etoy.com streitig machen. Zunächst hatte das Unternehmen damit auch vor Gericht Erfolg. Nach einer netzweiten Kampagne zu Gunsten von etoy gab eToys aber schließlich nach. Zu etoy gehört auch einer der Eigentümer von Übermorgen.com.
nmk/dud/bob |
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